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Kurzgeschichte „Die Küchenuhr“ – Aufgaben & Beispielanalyse

Familienatelier Andrea Berghaus – Analysehilfe

Dieses Skript umfasst Vorarbeit, Aufgaben, Musterlösungen und eine vollständige Beispielanalyse zur Kurzgeschichte „Die Küchenuhr“ von Wolfgang Borchert.

📘 Kurzfassung der Geschichte

In der Kurzgeschichte „Die Küchenuhr“ sitzt ein junger Mann mit einem „alten Gesicht“ auf einer Bank und zeigt den anderen seine beschädigte Küchenuhr. Sie ist das einzige Erinnerungsstück, das nach einem Bombenangriff übrig geblieben ist. Die Uhr ist um halb drei stehen geblieben – genau zu der Zeit, zu der er früher nachts nach Hause kam und seine Mutter ihm liebevoll das Essen warm machte. Erst jetzt erkennt er, dass diese einfachen Alltagsmomente mit der Mutter für ihn das „Paradies“ waren. Seine Familie ist tot, doch die Küchenuhr bewahrt die Erinnerung an dieses Glück.


🧠 Vorarbeit – Tabelle zur Vorbereitung der Analyse


Textsorte, Titel, Autor, Erscheinungsjahr, Thema


Wichtigste Handlungsschritte in richtiger Reihenfolge


Welche Perspektive nutzt der Autor? (z.B. personale Erzählweise)


Aussehen, Verhalten, Beziehungen (junger Mann, Leute auf der Bank, Mutter)


Direkter Einstieg? kurze Form? wenige Figuren? offenes Ende?


Satzbau, Wortwahl, Bilder, Wiederholungen


Gesamtaussage & eigene Meinung


📝 Leseverständnisfragen

1. Warum fällt der junge Mann den anderen auf der Bank sofort auf?

2. Was erzählt er über die Küchenuhr?

3. Welche Bedeutung hat die Uhrzeit „halb drei“ für den jungen Mann?

4. Wie war früher der Ablauf, wenn er nachts nach Hause kam?

5. Was ist mit seiner Familie passiert und wie reagiert er darauf?


✏️ Lückentext

Fülle die Lücken sinnvoll aus:

Der junge Mann sitzt mit einem sehr ________ Gesicht auf einer Bank und hält eine ________ Küchenuhr in der Hand. Sie ist das einzige, was nach dem ________ seines Hauses übrig geblieben ist. Die Uhr ist um ________ stehen geblieben, genau zu der Zeit, zu der er früher ________ nach Hause kam. Seine Mutter machte ihm dann in der ________ etwas zu essen. Heute weiß er, dass diese einfachen Momente für ihn das wahre ________ waren.


🔍 Analyseaufgaben

a) Beschreibe die Erzählperspektive in der Geschichte.

b) Charakterisiere den jungen Mann (äußerlich / innerlich).

c) Welche typische Merkmale einer Kurzgeschichte findest du in „Die Küchenuhr“?

d) Erkläre die symbolische Bedeutung der Küchenuhr.

e) Wie wird das Thema Krieg und Verlust in der Geschichte deutlich?

f) Formuliere die zentrale Aussage der Kurzgeschichte.


✅ Musterlösungen (Kurzfassung)

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Leseverständnis – Beispielantworten

1. Er hat ein sehr altes, verbrauchtes Gesicht, obwohl er erst ungefähr zwanzig ist.

2. Die Küchenuhr ist das einzige, was von seinem Zuhause übrig geblieben ist. Sie hat keinen materiellen Wert, ist aber für ihn sehr wichtig.

3. „Halb drei“ war die Uhrzeit, zu der er nachts nach Hause kam und seine Mutter ihm Essen machte.

4. Er schlich in die Küche, suchte etwas zu essen, dann machte die Mutter das Licht an, war barfuß und wärmt ihm das Essen. Sie sagte nur: „So spät wieder.“

5. Seine Familie ist bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen. Er spricht darüber fast sachlich und klammert sich an die Uhr und die Erinnerung.

Lückentext – mögliche Lösung

altem – tellerweiße – Bombenzerstörung / Bombenangriff – halb drei – nachts – Küche – Paradies

Analyseideen (Kurzfassung)

a) Personaler Erzähler, nah am jungen Mann; seine Gedanken und Erinnerungen stehen im Mittelpunkt.

b) Äußerlich jung, aber mit „altem Gesicht“; innerlich traumatisiert, traurig, zugleich freundlich und höflich.

c) Direkter Einstieg, wenige Figuren, kurzer Ausschnitt, Andeutung statt Ausformulieren, offenes Ende.

d) Die Küchenuhr symbolisiert die verlorene Geborgenheit, die Mutterliebe und das vergangene „Paradies“.

e) Der Bombenangriff wird nur angedeutet, aber alles ist „weg“; die Ruinen und Verluste bleiben im Hintergrund spürbar.

f) Menschen erkennen oft erst im Nachhinein, wie wertvoll alltägliche Momente und Nähe waren.


📚 Vollständige Beispielanalyse „Die Küchenuhr“

Beispielanalyse ein-/ausblenden

1. Einleitung

Die Kurzgeschichte „Die Küchenuhr“ von Wolfgang Borchert thematisiert die Folgen des Krieges und den Verlust von Geborgenheit und Familie. Anhand eines jungen Mannes, der nur noch eine stehen gebliebene Küchenuhr besitzt, zeigt der Text, wie kostbar unscheinbare Alltagsmomente sein können.

2. Inhaltsangabe

Ein junger Mann mit einem „alten Gesicht“ setzt sich zu einigen Leuten auf eine Bank und zeigt ihnen seine Küchenuhr. Sie ist tellerweiß, hat blaue Zahlen und ist um halb drei stehen geblieben. Die Leute erkennen zunächst nur, dass die Uhr materiell wertlos ist und nicht mehr funktioniert. Der junge Mann betont jedoch, dass sie „übrig geblieben“ sei – als Einziges nach der Zerstörung seines Hauses.

Er erklärt, dass er früher fast jede Nacht um halb drei nach Hause gekommen sei. Dann sei er leise in die Küche geschlichen, um etwas zu essen zu suchen. Doch seine Mutter habe ihn immer gehört, das Licht angemacht und ihm das Essen warm gemacht. Sie sei barfuß auf den kalten Fliesen gestanden, habe nur gesagt „So spät wieder“ und ihn liebevoll versorgt. Für den jungen Mann war das völlig selbstverständlich.

Jetzt aber ist alles zerstört. Seine Eltern sind tot, das Haus ist weg – nur die Küchenuhr ist übrig geblieben. Sie ist genau um halb drei stehen geblieben, also zu dem Zeitpunkt, der für ihn das Symbol dieser nächtlichen Szene mit der Mutter ist. Am Ende bezeichnet er diese früheren Momente in der Küche als „Paradies“ und erkennt, dass er das Glück erst im Nachhinein wirklich verstanden hat.

3. Erzählperspektive

Die Geschichte wird in der dritten Person erzählt, jedoch mit einer starken personalen Erzählperspektive aus Sicht des jungen Mannes. Der Erzähler bleibt im Hintergrund, während das Erleben, Fühlen und Erinnern des Jungen im Mittelpunkt steht. Wir erfahren wenig über die anderen Leute auf der Bank, sie bleiben namenlos und distanziert. Dadurch rückt der innere Zustand des jungen Mannes in den Vordergrund.

4. Figurenanalyse

Der junge Mann ist äußerlich noch jung, wirkt aber innerlich alt und verbraucht. Sein „altes Gesicht“ steht für die seelischen Schäden des Krieges. Er ist höflich, fast freundlich, lächelt verlegen, wenn er von dem Verlust seiner Familie spricht. Gleichzeitig klammert er sich an die Küchenuhr, weil sie die Verbindung zu seiner Mutter und seinem früheren Leben symbolisiert. Seine scheinbar sachliche Art, vom Tod seiner Eltern zu berichten („Alles weg“) zeigt, wie tief traumatisiert er ist.

Die Mutter erscheint nur in der Erinnerung des jungen Mannes. Sie wirkt warmherzig, fürsorglich und geduldig. Obwohl es mitten in der Nacht ist, steht sie barfuß in der kalten Küche, wärmt das Essen auf und begleitet ihren Sohn mit nur einem Satz: „So spät wieder.“ Gerade diese Normalität macht die Szene so liebevoll.

Die Leute auf der Bank bleiben anonym. Sie schauen weg, hören nur halb zu und können die tiefere Bedeutung der Uhr nicht erkennen. Dadurch werden sie zu Stellvertretern einer Gesellschaft, die wenig Verständnis für das Leid des Einzelnen hat.

5. Merkmale der Kurzgeschichte

6. Sprachliche Gestaltung

Borchert verwendet eine einfache, jedoch sehr wirkungsvolle Sprache. Das wiederholte Motiv „übrig geblieben“ betont den Verlust. Die Uhr wird detailliert beschrieben (tellerweiß, blaue Zahlen, Blechzeiger), was ihre Bedeutung als Symbol verstärkt. Der Kontrast zwischen der Alltäglichkeit der Küche und der Grausamkeit des Krieges wird sprachlich nicht ausgeschmückt, sondern nur beiläufig erwähnt – gerade das macht den Text so eindringlich.

Besonders stark ist das Wort „Paradies“ am Ende. Der junge Mann erkennt, dass sein früheres Familienleben, das ihm damals selbstverständlich erschien, in Wahrheit sein größtes Glück war. Durch diese eine Vokabel erhält die ganze Geschichte eine starke emotionale Wendung.

7. Schluss – Deutung & eigene Stellungnahme

„Die Küchenuhr“ zeigt, wie sehr der Krieg Menschen innerlich zerstört und ihnen das Liebste nimmt: Familie, Geborgenheit, Alltag. Gleichzeitig macht die Kurzgeschichte deutlich, dass wahres Glück oft erst im Rückblick erkannt wird – wenn es bereits verloren ist. Die Küchenuhr wird so zum Symbol für Erinnerung, Liebe und unwiederbringliche Zeit.

Die Aussage der Geschichte könnte lauten: Wir sollten alltägliche Augenblicke der Nähe nicht als selbstverständlich nehmen, sondern sie schätzen, solange wir sie haben. Persönlich wirkt die Geschichte sehr berührend, weil sie ohne viele Worte zeigt, wie tief Trauer und Verlust sein können und wie wichtig kleine Gesten der Liebe sind.